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Das Gewicht der Worte

von Pascal Mercier

Ich war begeistert, als ich den neuen Roman von Pascal Mercier entdeckte, denn mir gefiel Nachtzug nach Lissabon sehr gut.
Simon Leyland hat in England das Haus eines väterlichen Freundes geerbt. Er lebt als Übersetzer in Triest, wo er bis vor kurzem den Verlag seiner verstorbenen Frau leitete. Im Laufe des Romans erfahren wir, dass er die Diagnose eines tödlichen Hirntumors bekommen hatte. Daraufhin verkaufte er seinen Verlag und erfuhr dann, dass die Röntgenbilder vertauscht worden waren. Ohne Aufgabe im Leben, dafür aber mit viel Geld, reist er nach England, wo er eigentlich das Haus verkaufen will. Aber es hängen sehr viele Erinnerungen daran.
In Rückblenden lernen wir viele Freunde und Bekannte Leylands kennen, die alle etwas mit Sprache oder dem Schreiben zu tun haben. Da ist der Russe Andrej, der wegen Totschlags im Gefängnis saß und dort einen Roman übersetzte, um eine Aufgabe zu haben, oder die Schriftstellerin Mary Ann Ashcroft, die nach einem erfolgreichen Debüt nicht mehr hinter ihren Werken steht.
Leyland beschreibt auch immer seinen Hang zu genauen Formulierungen. Um eine gute Übersetzung zu schaffen, müsse man nicht nur die richtigen Vokabeln kennen. Wichtig sei es, sich möglichst in den Autor hineinzuversetzen, um genau zu wissen, was er mit seinem Text ausdrücken wollte.
Seine Tochter hadert mit der Gewalt, die von Worten ausgehen kann. Als angehende Medizinerin erlebt sie immer wieder, wie die Ärzte Fachausdrücke den Patienten verwenden, dabei könnten sie auch verständliche Wörter finden. Aber ihnen sei es wichtig, damit ihre Überlegenheit und Zugehörigkeit zur medizinischen Kaste auszudrücken. Dazu ist sie nicht bereit und stößt damit auf Ablehnung bei ihren Kolleginnen und Vorgesetzten.

 


Mir hat das Buch sehr gut gefallen. Ich konnte allerdings nicht zu viel auf einmal lesen, weil ich sehr viel über den Inhalt nachdenken musste. Das Buch wird zwar in vielen Kritiken verrissen, weil es nach Ansicht der Kritiker zu konstruiert wirkte und sich am Ende alles zu gut zusammen fügte. Das stimmt zwar, aber die Geschichte ist für mich etwas zweitrangig. Die unterschiedlichen Dimensionen von Wörtern und geschriebenen Texten waren für mich das wichtigste und das hat mich sehr fasziniert.

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