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Der Siegeszug des Romans

Je stärker die Frauen seit Beginn der Industrialisierung ins Haus verbannt wurden, umso stärker wurde das Lesen, vor allem von Romanen, eine weibliche Beschäftigung.
In den Jahrhunderten vorher war es häufig der Hausherr, der laut aus der Bibel vorlas und somit das Wort Gottes verbreitete und seine Autorität verstärkte. Andere Bücher waren in den meisten Haushalten nur spärlich vorhanden, da sie einfach zu teuer waren.
Mit Beginn der Aufklärung und allen gesellschaftlichen Veränderungen, die im 18. und 19. Jahrhundert stattfanden, trat ein neuer Buchtyp seinen Siegeszug an, der Roman. Vor allem die Romantiker betonten die Gefühle. Und Romane legen die Empfindungen ihrer Protagonistinnen offen. Durch Romane können die Leserinnen aber nicht nur in fremde Gefühlswelten, sondern auch in unbekannte Länder und Lebensbereiche eintauchen.
»Romanlektüre wird für die von der Erwerbsarbeit ausgeschlossenen Frauen nicht nur zum Ersatz für geringe reale Handlungsmöglichkeiten, sondern auch zu einem Übungsfeld für Empathie, eine wichtige Kompetenz für (vor allem familiäre) Beziehungsarbeit. Männer hingegen lesen Zeitungen, sowie Fach- und Sachbücher.«
Erich Schön, Historische Ambivalenzen des Lesens in: Aus Politik und Zeitgeschichte, Heft 12/19, S. 18f)
Daran hat sich bis heute nichts geändert. Noch immer greifen Frauen häufiger zu Romanen, während Männer Sachbücher bevorzugen.
Damit wurde das Lesen, vor allem das literarische Lesen, mehr und mehr eine Kulturleistung des Bürgertums. Auch Jane Austen schrieb in dieser Zeit ihre noch immer lesenswerten Romane. Und jede, die ihre Geschichten als Buch oder Film kennt, ahnt sicher, welche Zielgruppe sie mit ihren Liebesgeschichten ansprach.
Allerdings wurde das Lesen der Frauen, sowie der Arbeiterklasse auch kritisch gesehen, denn wer liest und in fremde Gedanken eintaucht, könnte auf dumme Ideen kommen. Deshalb verbrannten die Nazis Bücher und verunglimpften lesende Menschen als Bücherwürmer oder Stubenhocker. Hitler war allerdings begeisterter Leser von Karl May.
Also meine Damen, lesen Sie was das Zeug hält, vor allem Romane und Krimis. Tauchen Sie ein in andere Menschen, andere Orte, andere Zeiten und andere Sphären.

 

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